Der Feind im Haus

Wenn aus Kindern Nazis werden

Aufmärsche der rechtsextremen Szene in Dresden und München, Diskussionen um ein verschärftes Versammlungsgesetz, um eine Demonstration von Neonazis vor dem Brandenburger Tor zu verhindern – die Frage, wie dieses Land mit Neonazis umgehen soll ist spätestens seit den aktuellen Gedenktagen, 60 Jahre nach Kriegsende und dem Mahnmal in Berlin erneut entflammt.

Doch was bedeutet es, wenn das rechtsextreme Gedankengut die Familie erreicht, was bedeutet es für Eltern, wenn ihre Kinder in diese Szene abrutschen und Väter und Mütter mit ansehen müssen, dass sie keinen Zugriff mehr auf ihre eigenen Kinder haben. Wenn Diskutieren nicht mehr hilft, wenn der Sohn auf einmal mit kahl rasiertem Kopf nach Hause kommt und sich die Eltern fragen müssen, warum interessiert ihn diese Szene, was sucht er dort, was wir ihm nicht geben können? Wie zerstörerisch wirkt sich die Veränderung des Kindes auf die Familie aus, wenn Aggressivität und Abstumpfung immer mehr den Alltag beherrschen.

Der Film begleitet zwei Familien, die am Anfang und am Ende dieser Fragen stehen. Robin ist 15 und hat sich immer mit türkischen Jungs geschlagen. Irgendwann hat er angefangen, rechte Musik zu hören. „Die singen das, was mich bewegt. In diesem Land geht alles den Bach runter und daran sind die Ausländer schuld.“ Robin redet das nach, was er von seinen Kameraden aus der rechten Szene gelernt hat. Seine Mutter musste zusehen, wie ihr Sohn sich immer mehr von ihr zurückgezogen hat, sich in seinem Zimmer verschanzt und nichts mehr mit ihr zu tun haben will. Ein Leidensprozess, der darin endet, dass Robin seine Mutter und seinen Bruder verlassen muss und in ein Jugendheim umzieht.

Das Unfassbare zu begreifen, den Schock zu überwinden, dass das eigene Kind, Ausländer- und Judenhetze betreibt kennt auch eine andere Familie. Fünf Jahre war ihr Sohn tief verstrickt, fünf Jahren, die die Familie ihre letzte Kraft gekostet hat, in der Angst und Hilflosigkeit zum Alltag wurden. Dank Exit, einem Aussteigerprogramm konnte David aussteigen. Doch bis heute wirkt nach, was er in diesen Jahren erlebt hat und er muss lernen damit umzugehen, dass er seine Pubertät nicht mit dem ersten verliebt Sein verbracht hat, sondern mit Kameradschaftstreffen und Konflikten mit dem Staatsschutz. Bis heute bleiben viele Fragen ungeklärt, auf die auch David im Nachhinein keine Antwort weiß.

Buch/Regie:
Nicola Graef

Produziert:
2005, WDR
45 min.


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